„Verkaufen Sie mir diesen Stift!“ – Diesen Satz hast du bestimmt schon einmal gehört. Im Kino, beim letzten Verkaufstraining oder bei einem Vorstellungsgespräch. Tatsächlich gehört diese Aufforderung seit dem Leinwanderfolg von „The Wolf of Wall Street“ zu den beliebtesten Taktiken von Personalern, um das Vertriebsgeschick von Verkaufstalenten auf die Probe zu stellen. Doch selbst wenn du dich um einen anderen Job bewirbst, bist du vor dieser Herausforderung nicht gefeit. Wir verraten dir, worum es dabei geht und wie du die Aufgabe souverän meisterst.
Worauf die Aufforderung anspielt
Der Satz „Verkauf mir diesen Stift“ stammt aus dem Film „The Wolf of Wall Street“, in dem es um den ehemaligen Börsenmakler Jordan Belfort geht, der mit seinem Unternehmen ein Millionenvermögen als Aktienhändler verdient. Aufgrund seiner Verwicklungen in Wertpapierbetrug und Geldwäsche wird Jordan zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der Film basiert auf den Memoiren des echten Jordan Belfort, der heute als Motivationstrainer und Unternehmensberater in den USA arbeitet.
In dem Film gibt es mehrere Szenen, in denen Belfort andere Personen auffordert, ihnen einen Stift zu verkaufen. Mit den Darbietungen ist er mehr oder weniger zufrieden.
Was hinter der Aufgabe steckt
Wie bei vielen Fragen, die dir bei einem Vorstellungsgespräch gestellt werden können, geht es darum, dich aus der Reserve zu locken. Der Personaler möchte sehen, wie du auf eine solche Aufforderung reagierst und ist daran interessiert, deine Herangehensweise kennenzulernen.
Verweigerst du die Teilnahme an dem Rollenspiel vielleicht mit den Worten „Tut mir leid, das kann ich nicht, ich bin Kfz-Mechaniker“ oder nimmst du die Herausforderung an und legst eine originelle Variante an den Tag, die Aufgabe zu lösen? Versteifst du dich auf die herausragenden Eigenschaften deines Produkts oder interessiert dich der Mensch, der es kaufen soll?
Wie du siehst, lässt sich mit einer solchen Aufforderung einiges beobachten oder testen. Belastbarkeit, Kommunikationsstärke, Kreativität, Flexibilität und Empathie sind nur einige deiner persönlichen Fähigkeiten, die damit abgeklopft werden sollen.
Weitere typische Fragen und Interviewtypen
Weitere typische Fragen im Bewerbungsgespräch lauten:
- Warum wollen Sie bei uns arbeiten?
- Warum sollten wir Sie einstellen?
- Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?
- Wie gehen Sie mit Stress um?
- Was sind Ihre Stärken?
- Wo sehen Sie Ihre Schwächen?
Es gibt übrigens eine ganze Reihe unterschiedlicher Arten von Bewerbungsgesprächen (oder Interviews), mit denen jeweils etwas ganz bestimmtes bezweckt wird: das strukturierte Interview, das Stressinterview, das offene Interview und das situative Interview sind die gängigsten Varianten.
Die wichtigsten Merkmale dieser vier Interviewtypen haben wir in der folgenden Tabelle kurz zusammengefasst:
Typ | Beschreibung |
Strukturiertes Interview | Klassisches Bewerbungsgespräch mit festen Abschnitten; bessere Vergleichbarkeit der Bewerber/innen; wichtig: deine Authentizität |
Stressinterview | Herausfordernder Belastungstest, um hinter die Fassade zu schauen; wichtig: deine Souveränität |
Offenes Interview | Lockeres Gespräch; wichtig: deine Gesprächsführungskompetenz |
Situatives Interview | Rollenspiel mit Problemlösungsaufgaben; wichtig: deine Spontaneität |
Weitere Informationen zu den Interviewtypen sowie Tipps für die perfekte Vorbereitung auf dein Vorstellungsgespräch findest du übrigens in unserem ausführlichen Leitfaden für das Bewerbungsgespräch – die besten Tipps für deinen großen Tag!
Was Recruiter/innen nicht hören möchten
Im Film beginnt die erste Person damit, den Stift als etwas Besonderes zu darzustellen, indem sie seine wichtigsten und einzigartigen Eigenschaften aufzählt. Der nächste Verkäufer versucht, den Stift in allen Einzelheiten zu beschreiben. Auch das trifft bei Belfort nicht auf Begeisterung. Für ihn reicht es nicht aus, das, was man verkaufen möchte, zu beschreiben und zu hoffen, dass die Taktik funktioniert.
Ähnlich ist es in der Realität: Wie wirkt es auf dich, wenn du ein Schuhgeschäft betrittst und die Verkäuferin preist dir die Eleganz der neuesten High Heels oder Designerschuhe an, während du dich für deinen nächsten Wanderurlaub ausstatten möchtest?
In deiner Eigenschaft als Verbraucher/in möchtest du dir nicht einfach etwas andrehen lassen. Was bringt dir ein Produkt, das du nicht brauchst oder dessen Vorzüge dich nicht überzeugen? Ein solches Produkt ist für dich vollkommen überflüssig.
Es geht also nicht darum, den Stift lediglich zu beschreiben, sondern darum, deine Überzeugungskraft und Verkaufstalente zu demonstrieren. Eine gute Reaktion auf diese Aufforderung kann deine Chancen auf den Vertriebsjob erheblich verbessern.
Häufigster Fehler
Einer der häufigsten Fehler besteht darin, die Aufforderung „Verkaufen Sie mir diesen Stift“ zu wörtlich zu nehmen und in der Antwort allein die Qualitäten des Stiftes zu beschreiben. Stelle stattdessen aktiv Fragen, um zu erfahren, worauf es deinem Kunden ankommt, und richte deine Verkaufsstrategie darauf aus.
Wie du richtig auf diese Aufforderung reagierst
Unsere beispielhafte Begegnung im Schuhladen zeigt, dass das Anpreisen eines Produkts allein nicht ausreicht, um es zu verkaufen. Im Gegenteil, je mehr der Verkäufer oder die Verkäuferin auf dich einredet, desto unwohler fühlst du dich und desto schneller möchtest du sprichwörtlich auf dem Absatz kehrt machen.
Gute Verkäufer/innen – und dazu gehören beispielsweise auch Immobilienmakler/innen – erkundigen sich nach deinen Bedürfnissen. Sie wissen, dass es keinen Sinn macht, dir einen nahegelegenen Park als Alternative für den fehlenden Balkon anzupreisen. Sie respektieren deinen Wunsch, denn du wirst später in dem Objekt wohnen, nicht der Makler bzw. die Maklerin.
Es gibt einige goldene Regeln, die du „beim Verkaufen des Stiftes“ unbedingt beachten solltest, um bei Personalverantwortlichen Punkte zu sammeln.
Informationen einholen
Es empfiehlt sich ohnehin, sich vor jedem Vorstellungsgespräch umfassend über das Unternehmen zu informieren und zu recherchieren. Dabei erfährst du, welche Art von Produkten und Services dein potenzieller Arbeitgeber anbietet und welche Werte ihm wichtig sind – dies wiederum sind erstklassige Ansatzpunkte für deine Verkaufsstrategie.
Bedürfnisse ermitteln
Nun geht es darum, mehr über die Bedürfnisse des Kunden in Erfahrung zu bringen, indem du beispielsweise Folgendes fragst:
- Welche Eigenschaften sind Ihnen beim Kauf eines Stiftes besonders wichtig?
- Für welche Zwecke möchten Sie den Stift einsetzen?
- Geht es Ihnen um die tägliche Nutzung oder eher um besondere Anlässe?
- Bevorzugen Sie eine bestimmte Farbe oder Größe?
- Um welche Menge von Stiften geht es?
- Wie hoch ist Ihr Budget?
Vorteile präsentieren
Natürlich ist es früher oder später angebracht, die Vorteile deines Produkts zu präsentieren. Dabei solltest du jedoch nicht den Verkauf deines Produkts in den Vordergrund stellen, sondern wie gut dein Produkt in der Lage ist, den von deinem Gegenüber beabsichtigten Zweck zu erfüllen. Versetze dich dazu immer wieder in die Lage des Kunden und demonstriere, dass es dir um die Erfüllung seiner Bedürfnisse geht:
„Ich verstehe Ihre Bedenken, was den Preis anbelangt, aber ein Stift in dieser Qualität wird Ihnen bei der von Ihnen beschriebenen Nutzung ein gutes Jahr treue Dienste leisten. Nehmen wir Ihr derzeitiges Modell: 50 Cent pro Stück. Vorhin erwähnten Sie, dass der Stift spätestens nach 3 Wochen im Müll landet. Das macht umgerechnet …“
Persönliche Note einfließen lassen
Genau wie die Schuhverkäuferin, der Immobilienmakler oder die Anlageberaterin verkaufst du nicht nur ein Produkt, sondern gehst einfühlsam auf dein Gegenüber ein. Du brauchst eine Ebene, die dir Zugang zu deinem Kunden gewährt. Je besser es dir gelingt, deine Interessenten „abzuholen“, desto wohler fühlen sie sich in deiner Umgebung und wissen sich respektiert, verstanden und gut beraten.
Wenn du diese Ebene gefunden hast, kannst du nahezu alles verkaufen – zumindest aber den Grundstein für zukünftige Gespräche legen. Denn selbst wenn du dieses Mal keine Schuhe (oder keinen Stift) kaufst, wirst du automatisch in das Geschäft zurückkehren, in dem du herausragende Erfahrungen gemacht hast.
Verkauf abschließen
All deine Mühen waren vergeblich, wenn du am Ende des Verkaufsgesprächs nicht zum Punkt kommst. Du solltest dabei nicht drängeln, sondern dein Gegenüber unaufdringlich zu einem überzeugten „Ja“ motivieren.
Entscheidung des Kunden bestärken
Bei jeder wichtigen Entscheidung haben wir bis zum Schluss und sogar darüber hinaus Zweifel, ob wir vielleicht etwas übersehen haben und uns tatsächlich richtig entschieden haben.
Bekräftige daher noch einmal die Entscheidung des Kunden, z. B. indem du sagst:
„Das ist eine sehr gute Entscheidung! Stifte (Schuhe, Penthouse-Wohnungen, Maßrollos ...) in dieser Qualität (Lage) werden Sie in nächster Zeit nicht mehr zu diesem Preis bekommen. Sie werden sehen, dass Ihnen dieser Stift (dieses Paar Schuhe, diese Wohnung…) jeden Tag Freude bereiten wird.“
Handlungsaufforderung
Vergiss nicht, am Schluss des Deals die nächsten Schritte festzuzurren. Als Vertriebsprofi für Stifte, Reisebürokauffrau oder Immobilienmakler würdest du an dieser Stelle etwas sagen wie:
„Wunderbar, dann lassen Sie uns das Ganze in trockene Tücher bringen. Ich fasse für Sie wie vereinbart noch einmal unsere Gesprächsinhalte zusammen, während Sie sich intern noch um die genaue Menge kümmern. Spätestens Ende der Woche setzen wir uns dann noch einmal zusammen und unterschreiben gemeinsam den Vertrag. Was halten Sie davon?“
Beispiel für ein mögliches Szenario
Soweit die Theorie. Sehen wir uns nun an, wie dein Verkaufsgespräch in der Praxis verlaufen könnte. Bei den einzelnen Schritten haben wir uns an den Richtlinien orientiert, die wir soeben näher beschrieben haben.
- Informationen einholen
Dein Arbeitgeber ist Hersteller von Fahrzeugen mit E-Antrieb im oberen Preissegment. Auf der Website hast du nachgelesen, dass er nicht nur Wert auf herausragende Fahrleistung und eine hochwertige Verarbeitung erstklassiger Komponenten, sondern auch auf einen schonenden Umgang mit Rohstoffen legt und sich für Klimaschutzprojekte engagiert.
2. Bedürfnisse ermitteln
„Für welche Zwecke brauchen Sie den Stift genau?“ „Geht es eher um die Unterzeichnung hochvolumiger Verträge mit Handelspartnern oder die Ausstattung Ihrer Büros?“
Es stellt sich heraus, dass dein Arbeitgeber den Stift als Werbegeschenk für die Kunden seiner High-End-Fahrzeuge vorgesehen hat.
3. Vorteile präsentieren
Bestätige die Absicht deines Gegenübers:
„Das ist eine hervorragende Idee, denn dadurch haben Ihre Kunden neben dem täglichen Nutzen eines Ihrer E-Autos auch einen hochwertigen Stift im Gebrauch. Ihr Unternehmen ist dadurch im Alltag Ihres Kunden noch präsenter.“
Weise auf Besonderheiten hin und argumentiere im Sinne des Kunden:
„Bei einem Stift als Werbeträger dürfen Sie nicht vergessen, dass es sich um mehr handelt, als um einen funktionalen Gegenstand. Die Qualität des Stifts sollte dem Ihrer Fahrzeuge in nichts nachstehen. Wenn der Stift nach einer Woche in die Knie geht, beschädigt dies auf ganz subtile Weise das Image Ihrer Marke. Ich empfehle Ihnen daher den Mercedes unserer Kugelschreiber - den Superball 500S“.
Räume Bedenken aus und zeige Weitblick und Empathie:
„Natürlich können Sie sich stattdessen für ein günstigeres Modell entscheiden, das bringt auf den ersten Blick Kosteneinsparungen. Genauer betrachtet schadet ein Modell mit kurzer Lebensdauer aber dem Image Ihrer Marke, ist mit den Qualitätsansprüchen Ihres Hauses nicht vereinbar und auch die Umwelt wird durch die höhere Produktion stärker beansprucht.“
4. Persönliche Note
Verweise auf deine persönliche Erfahrung:
„Ich persönlich verwende den Superball 500S auch privat am liebsten. Er liegt wirklich sehr angenehm in der Hand, man spürt seine Hochwertigkeit und er lässt mich einfach nicht im Stich. Dieser hier begleitet mich schon seit 3 Jahren. Probieren Sie mal…“
5. Verkauf abschließen
„Und? Wie fühlt sich das an?“ „Ich schlage vor, ich lasse Ihnen 50 Exemplare zum Testen hier und Sie geben mir Ende der Woche Bescheid, was Ihre Mitarbeitenden vom 500S halten.“
Nachdem dein Kunde deinen Stift ausprobiert hat, möchte er das Geschäft mit dir abwickeln. Bekräftige den Kunden in seiner Entscheidung und beziehe dich dabei auf die Werte des Unternehmens und die Vorteile für seine Kundenbindung:
„Das freut mich, dass ich Sie überzeugen konnte. Sie werden sehen, dass der Preis nicht alles ist. Mit einem hochwertigen Produkt wie diesem unterstreichen Sie Ihren Fokus auf Eleganz und Langlebigkeit und nicht zuletzt die Reputation Ihrer Marke.“
6. Handlungsaufforderung
Vergiss nicht, „den Sack zuzumachen“, indem du resümierst, wie es weitergeht:
„Ich werde Ihnen wie versprochen die Eckdaten unseres Gesprächs bis morgen Mittag in einem kurzen Bericht zukommen lassen und rufe Sie am Nachmittag dazu an. Passt das zeitlich für Sie?“
Das Wichtigste auf einen Blick
- Solltest du den Satz „Verkaufen Sie mir diesen Stift“ bei deinem Vorstellungsgespräch zu hören bekommen, geht es meistens darum, deine vertriebliche Herangehensweise besser kennenzulernen.
- Falls du dich für eine nicht vertriebliche Position bewirbst, möchten Personalverantwortliche mit dieser Aufforderung unter anderem testen, ob du kreativ, empathisch und spontan bist und wie du mit deinem Umfeld interagierst (und somit zum Team passt).
- Mache dir bewusst, worum es bei dieser Aufforderung geht und recherchiere im Vorfeld die Produkte, Services, Werte und Philosophie deines zukünftigen Arbeitgebers.
- Versteife dich nicht auf die Identifizierung toller Produkteigenschaften, sondern hinterfrage die Bedürfnisse und Werte deines Gegenübers und richte deine Verkaufsstrategie darauf aus.
- Bereite dich auf ein „Stift“-Szenario vor, indem du allein oder mit Freunden den Ernstfall probst. Vielleicht wirst du aber auch aufgefordert, eine Versicherungspolice zu verkaufen – der Lösungsansatz bleibt der gleiche.
Du wirst sehen, dass es dir mit etwas Übung gelingt, dich in kürzester Zeit auf das Unternehmen einzustellen und relevante Argumente für dein Schreibgerät zu identifizieren, die Personaler überzeugen. Und mit etwas Glück hältst du schon bald den Stift in der Hand, mit dem du deinen Arbeitsvertrag unterschreibst.